Verwitwete Frauen sollen in der Schweiz keine lebenslange Rente mehr erhalten. Damit will man gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen und Geld sparen.
Bern – 2022 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem Urteil festgestellt, dass in der Schweiz bei den Hinterlassenenrenten eine Ungleichbehandlung der Geschlechter besteht. Witwen haben Anspruch auf eine lebenslange Rente, Witwer hingegen nur bis zur Mündigkeit des jüngsten Kindes.
Der Bundesrat hat deshalb Änderungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) bis zum 29. März 2024 in die Vernehmlassung geschickt. Anstatt jedoch die Stellung der Witwer derjenigen der Witwen anzugleichen, wird das Gegenteil angestrebt. Demnach sollen Witwen in Zukunft keine lebenslange Rente mehr erhalten.
Schweiz überarbeitet Rentensystem: Ohne Kinder nur noch zwei Jahre Hinterlassenenrente
Eine Hinterlassenenrente soll es künftig für Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern geben. Das bedeutet, dass die Rente nur bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes gezahlt wird. Wer ein erwachsenes behindertes Form betreut, soll die Leistung länger erhalten.
Wer ohne unterhaltsberechtigte Kinder verheiratet ist oder Unterhaltsbeiträge vom geschiedenen Accomplice erhält, hat nach dem Tod des Companions nur noch Anspruch auf eine Überbrückungsrente. Diese wird zwei Jahre lang bezahlt.
Verwitwete Personen ab 58 Jahren ohne Kinder, die nach dem Tod des Companions von Armut bedroht sind, sollen im Rahmen der Ergänzungsleistungen individuell unterstützt werden.
Schweiz überarbeitet Rentensystem: Der gesellschaftlichen Realität soll Rechnung getragen werden
Darüber hinaus sieht der Schweizer Bundesrat Übergangsregelungen vor. Danach sollen laufende Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung das 55. Lebensjahr vollendet und keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr haben, weitergezahlt werden. Jüngere sollen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Änderung keine Rente mehr erhalten.
Beibehalten werden sollen laufende Renten für Witwen und Witwer, die bei Inkrafttreten das 50. Altersjahr vollendet haben und Ergänzungsleistungen beziehen.
„Das seit den Anfängen der AHV bestehende System der Witwenrenten entspricht nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Realität“, begründet der Bundesrat die Änderungen. Die Revisionsvorlage ziele darauf ab, Hinterbliebene in der Übergangsphase nach einem Todesfall oder solange sie unterhaltsberechtigte Kinder haben, vorübergehend zu unterstützen.
Darüber hinaus soll Personen Rechnung getragen werden, die durch Verwitwung armutsgefährdet sind, insbesondere ältere Menschen. „Außerhalb dieser prekären Lebensphasen ist es nicht mehr gerechtfertigt, ohne Berücksichtigung der finanziellen State of affairs der Versicherten lebenslange Renten auszuzahlen“, schreibt der Bundesrat weiter.
Schweiz überarbeitet Rentensystem: Es trifft vor allem Frauen
Frauen wären von der Neuregelung am stärksten betroffen. Laut einer Mitteilung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) vom Juni dieses Jahres beziehen sie quick 90 Prozent der Hinterlassenenleistungen. Dabei seien Frauen nach dem Tod des Ehepartners schon heute häufiger in finanzielle Not geraten als Männer.
Die Angleichung der Witwen- und Witwerrenten soll aber nicht nur dem EGMR-Urteil Rechnung und den gesellschaftlichen Änderungen tragen, sondern auch die Kassen entlasten. Der Bundesrat rechnet mit Einsparungen von rund 720 Millionen Franken für die AHV und rund 160 Millionen Franken für den Bund. Die Änderungen sollen 2026 in Kraft treten, ab 2035 soll das neue System seine volle Wirkung entfalten.
Übrigens: In Deutschland bekommen Frauen in einigen Fällen keine Witwenrente.