Das Spiel beginnt, wie jedes Jahr: Alljährlich wird im Herbst die große Wechselbereitschaft der Kunden in der Kfz-Versicherung beschworen. Stichtag in der Wechselsaison ist der 30. November, da die große Mehrheit der Autofahrer einjährige Versicherungsverträge mit einer einmonatigen Kündigungsfrist unterhält.
Es ist ein Milliardenmarkt, von dem gerne viele Participant einen größeren Anteil abbekommen möchten. 2022 lagen die Beitragseinnahmen bei rund 30 Milliarden Euro, es ist die mit Abstand wichtigste Sparte in der Schaden- und Unfallversicherung. Da viele Akteure Interesse an einer hohen Zahl von Vertragskündigungen und Neuabschlüssen haben, veröffentlichen sie alljährlich Umfragen, die die hohe Wechselbereitschaft oder die Sparpotenziale belegen sollen.
46 Prozent denken über Wechsel der Kfz-Versicherung nach
Dazu passt eine aktuelle, repräsentative Umfrage im Auftrag der ADAC Autoversicherung. Demnach zeigen sich 46 Prozent aller Autofahrer für einen Kfz-Versicherungswechsel offen. Aber: Während 38 Prozent der Autofahrer angeben, dass sie über einen Wechsel der Kfz-Versicherung nachdenken werden, haben sich erst acht Prozent schon zu diesem Schritt entschieden. 51 Prozent der Befragten geben an, nicht wechseln zu wollen. Im Vorjahr waren noch 55 Prozent überzeugt, ihrer Versicherung treu zu bleiben, so die Studienautoren.
Zahl der tatsächlichen Wechsler ist viel geringer
Was tatsächliche Versicherungswechsel in der Vergangenheit angeht, geben nur 5 Prozent an, dies sehr häufig getan zu haben. 29 Prozent der Befragten haben schon mehrfach ihre Kfz-Versicherung gewechselt. Die meisten Autofahrer (44 Prozent) wechseln nach eigener Auskunft nur selten. 21 Prozent haben sich noch nie für eine andere Versicherung entschieden. Welche Häufigkeit sich hinter den Aussagen „sehr häufig“, „mehrfach“ und „selten“ verbergen, klären die Studienautoren nicht auf.
Die ADAC-Befragung kommt zu dem Schluss, dass trotz verhältnismäßig hoher Wechselbereitschaft die meisten Befragten ihrer Versicherung letztlich treu bleiben wollen.
Das dürfte aus Sicht der Autoren auch damit zusammenhängen, dass die Kfz-Versicherer von ihren Kunden insgesamt gute Noten erhalten. Mit dem Leistungsumfang der eigenen Versicherung zeigen sich demnach 90 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden, mit dem Kundenservice 83 Prozent und mit dem Preis immerhin noch 75 Prozent.
Ein weiterer Grund dürfte sein, dass der Preis gar nicht den größten Stellenwert hat. Für 50 Prozent sind Leistungen und Service wichtiger, nur für 27 Prozent der Preis. 22 Prozent können sich bei dieser Frage nicht entscheiden.
Tatsächlich dürfte der Anteil derer, die jährlich ihren Anbieter bei Haftpflicht- und Kaskoversicherung wechseln, noch geringer sein, als die Studie vermuten lässt. Auf Nachfrage von DAS INVESTMENT sagt eine Sprecherin des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Im langjährigen Mittel wechseln rund 5 Prozent der Autofahrenden in der Wechselsaison im November ihre Kfz-Versicherung.“
GDV rät zum Leistungsvergleich
Der GDV rät Versicherten, sich vor dem Kfz-Versicherungswechsel zu vergewissern, ob in ihren neuen Verträgen auch die gleichen Leistungen enthalten sind. Die Anhaltspunkte, die Autofahrer vor einer Kündigung unbedingt checken sollten, sind:
- Selbstbeteiligung
- Versicherungssumme
- Verzicht auf Einrede grober Fahrlässigkeit
- Mitversicherung von Wildunfällen (in Teil-/Vollkasko)
- Mitversicherung von Marderschäden (in Teil-/Vollkasko)
- Zusatzleistungen wie Autoschutzbrief oder eine Fahrerschutzversicherung.
Das alljährliche Werbeversprechen vieler Vergleichsportale auf mehrere Hundert Euro Ersparnis bei der Prämie sollten Kunden kritisch prüfen. Denn in die Berechnung einer Kfz-Versicherungsprämie fließen sehr viele – teils personenabhängige – Faktoren ein, so der GDV: Autotyp und -alter, Wohnsitz, Beruf, Selbstbeteiligung oder Schadenfreiheitsrabatt.
Jede Versicherung kalkuliere ihre Tarife und ihre Beitragshöhen anders. „Davon können Versicherungskunden profitieren, in der Regel treffen die hohen, werbewirksamen Sparpotentiale jedoch nur auf bestimmte Zielgruppen zu.“
Marktführer fehlt auf wichtigstem Vergleichsportal
Auch weist der Lobbyverband darauf hin, dass Vergleichsportale nicht den gesamten Markt abbilden. „Es gibt Versicherer, deren Tarife nicht bei Check24, Verivox und Co. gelistet sind“, schreibt der GDV. Bekannt ist, dass vor allem Marktführer HUK-Coburg nicht beim größten Vergleichsportal Check24 gelistet ist.
Der GDV rät: „Gute Angebote finden Autofahrer nicht nur im Web, sondern auch direkt bei den Kfz-Versicherern oder einem Vermittler beziehungsweise Berater“. Dabei sei darauf hingewiesen, dass sogenannte Vergleichsportale selbst Versicherungsmakler sind, die von Provisionen leben.